Ein großes Gebäude mit vielen Bäumen davor, das eindrucksvoll die Verschmelzung von Technik und Natur in der Erlanger Digitalisierungsbemühungen zeigt.Ein großes Gebäude mit vielen Bäumen davor, das eindrucksvoll die Verschmelzung von Technik und Natur in der Erlanger Digitalisierungsbemühungen zeigt.

25. August 2022

“Idealismus? Wir haben immer den Pragmatismus gelebt”

Erlangen. Von der Einführung der E-Akte bis hin zu deren Rollout hat das Amt für Digitalisierung und Informationstechnik in Erlangen seine Stadt flächendeckend digitalisiert. Als Verantwortlicher für die DMS-Projektleitung berichtet Dr. Wolfgang Greska über die Herausforderungen und die Wichtigkeit des pragmatischen Handelns während der DMS-Einführung. Besonders die digitale Durchgängigkeit stellt für Herrn Dr. Greska die nächste Etappe der Digitalisierung in Bezug auf mehr Bürger:innen-Nähe dar.

Herr Dr. Greska, welche digitalen Ziele verfolgen Sie in der Stadt Erlangen?

Greska: Wir digitalisieren bereits seit Langem, das ist für die Stadt Erlangen nichts Neues mehr. Es hat ganz klassisch mit der Transformation vom Analogen ins Digitale begonnen. Das ist das erste und essentielle Ziel für alle weiteren Vorhaben. Unsere gegenwärtige Herausforderung ist die digitale Durchgängigkeit, was unter anderem bedeutet, dass die Bürger:innen die Anträge oder Anliegen digital einstellen und auf diesem Wege ein digitales Ergebnis erhalten. Besonders in der Kommunikation zwischen Bürger:innen und der Öffentlichen Verwaltung gibt es ein Nebeneinander von digitaler und postalischer Kommunikation. Einheitliche digitale und durchgängige Kommunikationswege sind nicht nur unser Ziel, sondern das der Öffentlichen Verwaltungen im Allgemeinen.

Ein technikaffiner Mann mit Brille und modischem blauem Hemd diskutiert auf der Erlanger Konferenz über die neuesten Trends der Digitalisierung.
Dr. Wolfgang Greska, DMS-Projektleiter eGovernment Center, Erlangen

Sie beschreiben ein ambivalentes Vorgehen in Bezug auf die digitale Kommunikation mit den Bürger:innen. Wie gehen Sie aktuell mit dieser Herausforderung um?

Greska: Wir haben uns jetzt eine Zeit lang mit dem Scannen beschäftigt, was für uns lediglich eine Zwischenlösung darstellt. Dieser Schritt ist im Sinne der digitalen Aktenpflege wichtig, erfordert jedoch im gleichen Maße eine Reform. Wir sind nun dabei, Prozesse zu evaluieren und zu optimieren. Hierfür haben wir unter anderem zusammen mit dem Personal- und Organisationsamt ein Team von Prozessdigitalisierenden aufgebaut. Es geht nicht darum, analoge Prozesse 1:1 ins Digitale zu übernehmen, sondern die Prozesse neu zu denken, um eine digitale Durchgängigkeit zu erreichen und die digitalen Möglichkeiten auszuschöpfen, die über das Analoge hinausgehen.

Sie sind bei der Einführung des Dokumentenmanagementsystems nach einem Masterplan vorgegangen. Dürfen wir hierzu mehr erfahren?

Greska: Nach relativ kurzer Zeit wurde uns eine zurückhaltende Resonanz vonseiten der jeweiligen Ämter zugespielt. Es hieß: “DMS ist prima, aber jetzt noch nicht. Wir haben keine Zeit.” Um dem ewigen Aufschieben vorzubeugen, hat unser Masterplan die Reihenfolge der Ämter für die DMS-Einführung festgelegt. Dies ist sehr hilfreich gewesen, um zu systematisieren und eine Verbindlichkeit zu manifestieren. Demnach war jedes Amt genauso wie das DMS-Team für den Erfolg der E-Akten-Einführung verantwortlich. Zudem sind wir nach einem standardisierten Vorgehensmodell bei der jeweiligen DMS-Einführung im Amt vorgegangen. Das hat gut funktioniert.

Der Masterplan stand fest, was ist als Nächstes passiert? Gewähren Sie uns einen Einblick in die Zeit während der Einführungsphase?

Greska: Wir haben während der Einführungsphase unsere Vision an alle DMS-Nutzer kommuniziert. Mit mehreren Pilotprojekten, die als Echteinsätze stattgefunden haben, sind wir gestartet. Das größte Pilotamt war seinerzeit das Umweltamt, das mit seinem Amtsleiter sehr aufgeschlossen für die Einführung des Dokumentenmanagementsystems war. Parallel dazu haben weitere Schnittstellenprojekte die Einführungszeit geprägt. Das war unter anderem die Umstellung des Kassenarchivs auf enaio®, ein Klassiker jeder Öffentlichen Verwaltung.

Welche Voraussetzungen mussten Sie erfüllen, um die Pilotierung zu starten?

Greska: Eingangs haben wir installiert und im Zuge dessen die Rechtestrukturen angepasst. Zudem wurden die Aktenstrukturen individuell in den jeweiligen Bereichen abgebildet. Dies wiederum impliziert einen umfassenden Einblick in die Akten, um diese auf ihr digitales Potenzial zu prüfen. Es gibt und gab Dokumente, die wir auch künftig in Papierform führen müssen. Wir haben den Bedarf analysiert und sind so gestartet bis hin zum flächendeckenden Rollout.

Wie viel Prozent von Ihrem flächendeckenden Rollout haben Sie bisher erreicht, Herr Dr. Greska?

Greska: Bis dato haben wir enaio® in fast allen Ämtern eingeführt. Ich würde sagen, 95 Prozent in Bezug auf die klassische Kernverwaltung.

Was macht Ihre Digitalisierungsstrategie aus?

Greska: Die Zusammenarbeit mit der Führungsebene bis hin zum Oberbürgermeister ist entscheidend für die erfolgreiche und konsequente Umsetzung. Das richtige Produkt und ein kompetentes und hilfsbereites Team, das die Einführung begleitet, sind weitere Parameter. Wichtig ist auch eine permanente Kommunikation im Haus über die Vorteile der E-Akte. Dass dieses Vorgehen richtig war, haben wir während der Pandemie in den letzten beiden Jahren erlebt, als wir plötzlich in großem Umfang die Arbeitsplätze ins Homeoffice verlegten und auf digitale enaio®-Vorgänge zugreifen konnten. Wir haben uns zu keiner Zeit auf den Idealismus berufen, sondern immer den Pragmatismus gelebt.

Ihr Pragmatismus hat sich ausgezahlt. Wagen wir einen Blick in die Zukunft – was sind die nächsten Ziele?

Greska: Was sicherlich ein Ziel ist, ist die stärkere Integration der ganzen Verfahren, welche mit den Arbeitsprozessen einhergehen. Wie bereits gesagt, wird die digitale Durchgängigkeit weiterhin ein Schwerpunkt sein. Die heute noch vorherrschende Abgrenzung von Ämtern wird sich zunehmend auf fachliche Aspekte beziehen, nicht jedoch auf die immer häufiger werdende Zusammenarbeit und übergreifenden Prozesse im Rahmen immer komplexer werdender Sachverhalte. Auch die strikte hierarchische Arbeitsweise in den Öffentlichen Verwaltungen verändert sich durch agile projektbezogene Arbeitsvorgänge. Insofern gehen strukturelle Änderungen und Prozessoptimierung Hand in Hand und bedingen sich gegenseitig.

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