7. November 2019
Die digitale Transformation ist auch im Bereich der Öffentlichen Verwaltung ein Dauerthema. Der Öffentliche Sektor ist dem Wohl der Bürger verpflichtet, und diese erwarten heute in erster Linie komfortable und personalisierte Dienstleistungen. Dazu reicht es nicht, bestehende Prozesse im Internet abzubilden oder auf Mobilgeräten verfügbar zu machen. Vielmehr gilt es, im Zuge der digitalen Transformation etablierte Abläufe, Prozesse und auch die Servicekultur grundsätzlich zu überdenken. Stadt oder Kommune müssen echte Interaktion mit dem Bürger für Zuhause anbieten. Nur so kann mit den stetig wachsenden Anforderungen der Bürger Schritt gehalten werden.
Digitale Verwaltung 2020 – Die Strategie der Bundesregierung
Das Programm „Digitale Verwaltung 2020“ der Bundesregierung stellt die Strategie zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung dar. Durch den Einsatz moderner Informationstechnologien wird die Verwaltungsdienstleistung auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Zum einen sollen Beratungsangebote für Bürger und Privatwirtschaft reaktionsschnell angeboten werden. Aber es gilt, vor allem auch der Informationsflut, die in den Amtsstuben aufläuft, Herr zu werden. Dafür braucht es intelligente Plattformen die Unternehmen der Privatwirtschaft und Bürgern einen echten Mehrwert bieten.
Doch bis dahin ist es im Öffentlichen Sektor noch ein weiter Weg. Die Bürger können bereits heute auf Angebote im Netz zurückgreifen. Sie können auf elektronischem Weg mit der Stadtverwaltung in Kontakt treten, sich informieren oder die Steuererklärung abgeben. Zukünftig steht jedoch vor allem die Online-Transaktion im Vordergrund. Dazu müssen existierende digitale Dienste verbessert und neue Arbeitsabläufe bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Die öffentliche digitale Verwaltung ist in Deutschland noch nicht angekommen.
Herausforderungen im Öffentlichen Sektor
Im Jahr 2025 machen die sogenannten „Digital Natives“ – also Personen, die eine Welt ohne digitale Medien nicht kennen – 75 Prozent der arbeitenden Bevölkerung aus. Dies ist eine Generation, die sich nicht mit zeitraubenden Routineaufgaben, langsamer Bürokratie und unflexiblen Prozessen für den Öffentlichen Dienst begeistern lässt. Um sich für den anstehenden Generationen- und Kulturwandel zu wappnen, müssen die Mitarbeiter in die Veränderungsprozesse eingebunden werden. Hier sind vor allem die Führungskräfte in den Verwaltungen gefragt.
Hinter digitalen Verwaltungsprozessen stecken Menschen
Die Umstellung von papiergebundenen auf elektronische Workflows bringt eine Vielzahl an Veränderungen mit sich. Sie müssen von der Leitungsebene der jeweiligen Behörde proaktiv kommuniziert und begleitet werden. Durch solche Maßnahmen verändern sich nicht nur die einzelnen Arbeitsschritte, sondern auch das gesamte Umfeld in den Einrichtungen – es entsteht eine neue Arbeitskultur.
Dieser Veränderungsprozess kann nur gelingen, wenn er von den Mitarbeitern getragen wird. Sie verfügen über die Kompetenz, das Wissen und die Ideen, um Innovationen zu ermöglichen. Daher ist es die Aufgabe der Führungskräfte, entsprechende Weichen für die Zukunft zu stellen. Ihr Job ist es, den Veränderungsbedarf aufzuzeigen, digitale Weiterbildung zu fördern und gemeinsam mit den Beschäftigten neue Lösungen zu finden. Nur so kann der Wandel zur digitalen Verwaltung gelingen.
Die Infografik aus dem Randstad Arbeitsbarometer April 2018 zeigt die Unterschiede der Branchen bei der digitalen Weiterbildung.
Ziele der Digitalisierung in der Verwaltung
Neue Arbeitsabläufe, Zuständigkeiten, verbesserte Kommunikationsstrukturen sowie eine erhöhte Flexibilität sind Grundlage und Ziel der Transformation. Sie ermöglichen Transparenz und weitere moderne Verwaltungsprozesse.
Die Einführung neuer Technologien kann dabei helfen, behördeninterne Prozesse zu verschlanken und zu beschleunigen sowie das Papieraufkommen und die manuelle Datenerfassung deutlich zu reduzieren. Zentrale Herausforderungen, die eine erfolgreiche digitale Transformation im Öffentlichen Sektor beschreiben, sind:
- digitale Bereitstellung von bürgerorientierten Services, wie zum Beispiel Bürgerbeschwerden
- Nutzung digitaler Technologien zur Verbesserung von Verwaltungsprozessen und -abläufen
- Implementierung einer flexiblen, sicheren und zukunftsfähigen IT-Infrastruktur
- aktive Förderung des kulturellen Wandels innerhalb des Verwaltungsapparats
- Gewinnung und Bindung von Digital Natives als Mitarbeiter
Laut dem Programm „Digitale Verwaltung 2020“ ist die Vision des E-Government,
„dass Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozesse zwischen Politik, Verwaltung, Bürgern und der Wirtschaft von jedem Ort, zu jeder Zeit und mit jedem Medium erfolgen können, und zwar schnell, einfach, sicher und kostengünstig“.
Onlinezugangsgesetz – Was bedeutet es für die öffentliche Verwaltung
Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsdienstleistungen verpflichtet Bund, Länder und Kommunen zu einer zeitnahen Umsetzung. Bis Ende 2022 sollen Stadtverwaltungen ihre Dienstleistungen über Verwaltungsportale anbieten. Dazu wurden knapp 600 sogenannte OZG-Leistungen (Onlinezugangsgesetzt) definiert.
Um das Ziel zu erreichen, gilt es die notwendigen organisatorischen und personellen Rahmenbedingungen zu schaffen. Aufgrund zunehmender Komplexität werden Arbeitsprozesse vielschichtiger und folgen weniger festen Strukturen. Die öffentliche Verwaltung der Zukunft arbeitet stärker kollaborativ und mobil, was neben organisatorischen auch zu technischen Veränderungen führt. Informationstechnologie kann diesen Wandel intelligent unterstützen. Entsprechende Strategien zur Konsolidierung und Anpassung von IT-Systemen sowie die Nutzung von Dienstleistungspartnern sind ein Weg, bestehende Insellösungen und Datensilos zu überwinden.
Öffentliche Verwaltung im europäischen Vergleich
Der eGovernment Benchmark Report 2018 beleuchtet den Stand der digitalen Transformation der Öffentlichen Verwaltungen in Europa.
Nicht konsolidierte elektronische Behördendienste (Non-consolidated eGovernment) zeichnen sich durch einen geringen Grad an Digitalisierung (Digitisation) und Durchdringung (Penetration) aus. Auffällig sind zusätzlich ungenutzte IKT-Möglichkeiten und eine geringe Anzahl von öffentlichen Online-Diensten. Der Grad der Durchdringung gibt an, wie weit die Nutzung des Online-Kanals bei den Nutzern von Behördendiensten verbreitet ist. Der Digitalisierungsgrad bemisst die Digitalisierung im Back- und Front-End der öffentlichen Verwaltung und basiert auf folgenden Benchmark-Indikatoren:
● Nutzerzentriertheit
● Transparenz
● grenzüberschreitende Mobilität
● Schlüsselfaktoren
Deutschland weist im europäischen Vergleich sowohl bei der Durchdringung als auch bei der Digitalisierung ein mittleres bis niedriges Niveau auf. Damit wird es in die Kategorie der nicht konsolidierten elektronischen Behördendienste (Non-consolidated eGovernment – siehe Abbildung, oranger Bereich) geführt. Das heißt, es gibt noch viel Raum zur Verbesserung des E-Governments und in der Nutzung potenzieller IKT-Angebote in den Verwaltungen.
Infografik Digitalisierungsstand europäischer Staaten.
Quelle: eGovernment Benchmark 2018.
E-Government-Gesetz als Grundlage der Digitalisierung
Seit 2013 ist das E-Government-Gesetz (EGovG) in Kraft. Es bildet den rechtlichen Rahmen, der die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung vorantreiben will. Für die Anpassung elektronischer Zugänge für Bürger und Unternehmen gelten gesetzliche Fristen. Ab dem 27. November 2020 ist die elektronische Rechnungsstellung an den Bund verpflichtend. Die öffentliche Verwaltung ist primär mit dem Lösen akuter Probleme und dem Erfüllen gesetzlicher Anforderungen beschäftigt. Dies schränkt den Handlungsspielraum bei der Umsetzung des digitalen Wandels und der Zukunftsorientierung ein. Doch mit der reinen Digitalisierung der vorhandenen Papierwelt ist es bei Weitem nicht getan.
Digitalisierung in der Öffentlichen Verwaltung – ein Fazit
Für einen erfolgreichen Kulturwandel im Öffentlichen Sektor gilt es, die Mitarbeiter-Kompetenzen innerhalb der Einrichtungen zu stärken. Mitarbeiter benötigen ein geeignetes Informationsmanagement-System, um die Serviceleistungen und Prozesse kontinuierlich an die Bedürfnisse der Bürger anzupassen.
Der digitale Wandel führt zu Veränderungen bei den Arbeits- und Kommunikationsstrukturen, wie Informationen innerhalb der öffentlichen Verwaltung ausgetauscht und bearbeitet werden. Die notwendigen Kompetenzen und das Know-how dafür müssen bei den Mitarbeitern aufgebaut und entwickelt werden. Der kulturelle Wandel muss gleichzeitig nahestehende private Einrichtungen und offene Netzwerke einbeziehen und den Aufbau externer Expertenteams unterstützen, um eine digitale Servicekultur zu entwickeln. Im Bereich des E-Governments gibt es in Deutschland noch viel Raum für Verbesserung, um das Potenzial der Informations- und Kommunikationstechnologien voll auszuschöpfen.