

8. Dezember 2025
Ein Interview mit Eva Scheel
Seit elf Jahren arbeitet die Softwareentwicklerin Eva Scheel bei OPTIMAL SYSTEMS. Zuletzt war sie maßgeblich am Ausbau der enaio® Microservices mit dem neuen Spring Boot Framework beteiligt. Inzwischen gehört der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu einem wesentlichen Werkzeug ihrer Programmierarbeit. Im Interview beschreibt die 37-Jährige, wie sie KI einsetzt, wie sich ihr Arbeitsalltag dadurch verändert hat und wo sie die größten Risiken sieht.

Eva Scheel
Java-Softwareentwicklerin
Wie war dein erster Kontakt mit KI in der Softwareentwicklung?
Mein erster Kontakt mit KI in der Softwareentwicklung war im Zusammenspiel mit IntelliJ IDEA und GitHub Copilot. Einige Kollegen haben Copilot zunächst testweise integriert, um zu sehen, wie gut es bei alltäglichen Aufgaben unterstützt. Später dann habe ich mich für eine Lizenz angemeldet, um es selbst zu testen.
Schon beim ersten Einsatz war ich überrascht, wie treffsicher Copilot oft Methoden vorschlägt – basierend auf Klassennamen, Kommentaren oder Projektstruktur. Der Kontext-Bezug ist erstaunlich gut, egal ob Java Code, Maven Dependency Management oder GitLab Build Pipelines.
Es hat Spaß gemacht, verschiedene Anwendungsfälle zu testen.
Wo und in welchen Bereichen setzt du aktuell KI ein?
Ich nutze KI zum Beispiel beim Erstellen von Standardcode, etwa DTOs, Tests etc., wodurch sich wiederholende Aufgaben reduziert werden.
Aber auch Dokumentation, Kommentare oder technische Beschreibungen lasse ich mir initial von der KI vorschlagen in der Sprache, die ich brauche. Das gilt für die Dokumentation im Code, aber auch technische Dokumentationen. Gegebenenfalls passe ich inhaltliche Unstimmigkeiten an oder ergänze sie. Weiterhin liefert die KI gute Ansätze für Unit-Tests oder Refactoring-Vorschläge. Zwar nicht fehlerfrei, gerade bei komplexeren Abläufen, aber hilfreich als Unterstützung.
Welche Tools oder Plattformen mit KI-Unterstützung nutzt du am häufigsten?
Am häufigsten nutze ich die Chat-Funktion von GitHub Copilot direkt in meiner Entwicklungsumgebung. Sie ist für mich der schnellste Weg, um kontextbezogene Hilfe bei Java-spezifischen Problemen, Spring-Fehlermeldungen oder bei der Formulierung von komplexen RegEx-Ausdrücken zu bekommen. Die Möglichkeit, direkt im Code Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten, ohne zwischen IDE und Browser wechseln zu müssen, vereinfacht mir die Arbeit.
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Wie hat sich dein Arbeitsalltag durch KI verändert?
Ich nutze Copilot, um schneller Lösungsansätze für komplexe Probleme oder Framework-spezifische Fragen zu finden, für Textgenerierung oder Formulierungen. Aber auch anstelle von Google-Suchen, vor allem bei Standardproblemen, Syntax, Fehleranalyse oder Erklärung von Konzepten. Das spart Zeit. KI ist kein Ersatz für mein Know-how, aber ein starkes Werkzeug im Alltag. Ich arbeite produktiver und auch kreativer.
Welche Vorteile siehst du im Einsatz von KI generell in der Softwareentwicklung?
Der Einsatz von KI hat meinen Entwickleralltag effizienter gemacht. Besonders bei sich wiederholenden Aufgaben spart KI viel Zeit. Ich sehe auch Vorteile in der schnellen Generierung von Codebeispielen, Dokumentation oder Unit-Tests, was bei manchen Entwicklern aus unterschiedlichen Gründen ein rotes Tuch ist und sehr gut von der KI umgesetzt wird. Statt mich mit Formulierungen schwer zu tun, bekomme ich oft direkt im Kontext meiner Aufgaben verwertbare Vorschläge. Das verbessert meine Arbeit auch inhaltlich.
Welche Herausforderungen oder Probleme sind dir dabei begegnet?
Ich denke der größte Nachteil ist, dass KI nicht unfehlbar ist. Die Vorschläge wirken vielleicht plausibel, sind aber gelegentlich falsch, unsicher oder nicht optimal, gerade bei komplexer Logik oder bei Performance-Überlegungen. Man darf sich also nicht blind auf die generierten Antworten verlassen, sondern muss sie immer kritisch prüfen.
Ein weiteres Problem könnte ich im Verlust von technischem Verständnis sehen, wenn man sich zu sehr auf KI verlässt. Wenn man generierte Lösungen nicht versteht und dennoch anwendet, kann man meiner Meinung nach mehr Probleme verursachen, als man löst.
"Wenn KI mir Routinearbeit abnimmt, dann bleibt mir mehr Zeit für die wirklich spannenden Aufgaben."
Eva Scheel
Wo siehst du die Grenzen oder Risiken beim Einsatz von KI?
Einer KI wie Copilot fehlt das tiefere Verständnis für den Kontext und Architekturentscheidungen. Ein generiertes Code-Snippet mag syntaktisch korrekt sein, aber ob es sich sauber in bestehende Systeme integriert, Sicherheitsanforderungen erfüllt oder Performance-Aspekte berücksichtigt, kann KI momentan nicht zuverlässig einschätzen. Ein weiteres Risiko sehe ich in der Qualität der Trainingsdaten. Wenn die KI mit veralteten oder unseriösen Quellcodes trainiert wurde, kann das zu Sicherheitslücken oder fehlerhaften Code-Snippets führen.
KI kann heute bereits in vielen Bereichen der Programmierarbeit wertvolle Hilfe leisten – einen Softwareentwickler ersetzen kann sie nicht.
Wie stehst du persönlich dazu, dass KI zunehmend kreative oder analytische Aufgaben übernimmt?
Ich sehe es pragmatisch: Wenn KI mir Routinearbeit abnimmt, dann bleibt mir mehr Zeit für die wirklich spannenden Aufgaben. Vielleicht auch für Aufgaben, für die sonst keine oder eher wenig Zeit gewesen wäre, weil sie im Daily Business zu kurz kommt. Kreativität im Backend steckt für mich nicht in der Syntax der Programmiersprache, sondern eher in der Architektur, Skalierbarkeit und Systemintegration. Diese Entscheidungen hängen stark vom Business-Kontext, aber auch von Prioritäten ab. Diese Faktoren kann die KI nicht in die Entscheidung mit einbeziehen.
Welche Verantwortung tragen Entwickler*innen beim Einsatz von KI-Systemen?
Als Entwickler tragen wir Verantwortung dafür, wie und wo KI eingesetzt wird. KI-generierte Ergebnisse müssen genauso überprüft, getestet und dokumentiert werden, wie von einem Menschen geschriebener Code. Aber auch der Datenschutz ist ein wichtiges Thema. Besonders im Backend, wo häufig mit sensiblen Daten gearbeitet wird, müssen wir den Schutz dieser Daten sicherstellen.
Wie, glaubst du, wird KI die Softwareentwicklung in den nächsten fünf bis zehn Jahren verändern?
Ich denke, dass KI die Art, wie wir Software entwickeln, weiter verändern wird, aber nicht so, dass Entwickler überflüssig werden. Vermutlich wird der Fokus beim Programmieren auf dem richtigen Prompten liegen. Wir werden also lernen, zu beschreiben, was wir wollen, und die KI generiert erste Codevorschläge, Tests und Dokumentation. Ich sehe meine Rolle dann eher als Architekt und Reviewer, um die Qualität und Sicherheit zu beurteilen und Architekturentscheidungen zu treffen.
Ich denke auch, dass KI die Automatisierung von Infrastruktur, Monitoring und Testing weiterentwickelt. Systeme werden sich zunehmend selbst optimieren, etwa durch adaptive Skalierung in Echtzeit.