Hände halten ein Tablet, über dem digitale sechseckige Symbole schweben, die vor einem blauen Hintergrund verschiedene Technologien und Konzepte darstellen, etwa Zahnräder, Globus, Cloud und Datenanalyse.

11. März 2025

Software Diversity und Künstliche Intelligenz: Wie KI die Fragmentierung von Arbeitsprozessen lösen kann

Von Jana Blankenhagen

Jongleur der Software Diversity

Eine Frau mit lockigem Haar steht vor einem kastanienbraunen Hintergrund und trägt eine Jeansjacke über einem weißen Hemd. Sie lächelt leicht und hat die Arme verschränkt.

Jana Blankenhagen

Chief Human Resources Managerin

Wer kennt das nicht? Es ist Montagmorgen, und wie üblich sitzt man noch schnell beim ersten Kaffee der Woche am Laptop und versucht sich einen Überblick zu verschaffen, was heute und die nächsten Tage ansteht, bevor der erste Arbeitstag richtig losgeht.

Der Tag beginnt also wie immer mit einem schnellen Klick ins E-Mail-Programm, um die ungelesenen E-Mails zu überprüfen. Danach öffnet man z. B. Microsoft Teams, um einen Blick auf die bevorstehenden Meetings zu werfen und in den unzähligen Planner-Boards einen Überblick über alle Projekte und Tasks zu bekommen. Als Nächstes loggt man sich in den Fach-Systemen ein, um seine weiteren Aufgaben und Wiedervorlagen, z. B.  im Dokumentenmanagement-System oder Enterprise Ressource Planning-Tool zu checken und zu prüfen, ob alle Workflows richtig laufen, oder es ein dringendes To-do gibt. Als letztes noch schnell ein Check, wer von den Kollegen und Kolleginnen da sein wird und welche Termine hat, wen man wann und wie zwischen den eigenen Terminen erreichen kann, um das Wichtigste zu klären – oder auch einfach nur, um mal zu fragen, ob alles soweit okay ist oder wie das letzte Wochenende war.

Bevor der Arbeitstag richtig begonnen hat, fühlt man sich, als müsste man diverse Bälle unterschiedlicher Größe, Haptik und Farbe in der Luft halten. Jeder Ball ist ein bisschen anders, so wie auch die Menschen divers sind. In der Welt des Büroalltags übertragen vom Sport in die Technologie, beschreibt es für mich ein Begriff wie Software Diversity gut.

Was ist Software Diversity eigentlich?

Software Diversity beschreibt in meiner Interpretation die Vielzahl an unterschiedlichen Softwarelösungen, die gleichzeitig in einem Unternehmen genutzt werden. Diese Lösungen umfassen unter anderem Softwaresysteme in folgenden Kategorien und Beispielen:

  • E-Mail und Kommunikation: Microsoft Outlook und Teams, Google Mail, Slack, Zoom
  • Dokumentenmanagement und Prozessmanagement: ECM-Systeme wie enaio® und yuuvis®
  • Spezifische Fachsoftware: CRM-Systeme wie Salesforce, ERP-Systeme wie SAP, branchenspezifische Arbeitstools
  • Personalmanagement und Zeiterfassung: Workday, SAP HR, Personio

In der Praxis bedeutet es, dass beispielweise Büromitarbeiter*innen oft zwischen vielen verschiedenen Systemen wechseln, um Aufgaben zu erledigen, Informationen zu verwalten oder zu kommunizieren.

Software Diversity führt zur Fragmentierung von Informationen und Arbeitszeit

Diese Vielfalt an Softwarelösungen führt zu einem wesentlichen Problem: der Zerstückelung von Informationen und Prozessen auf mehrere Tools, die wiederum zu einer erhöhten Fragmentierung der Arbeitszeit führt. Die Mitarbeitenden verlieren wertvolle Zeit durch diese ständigen Wechsel zwischen verschiedenen Tools. Wichtige Informationen werden über diverse Programme verteilt, was die Übersicht erschwert und die Effizienz mindert. Zudem besteht die Gefahr, dass Aufgaben oder Termine übersehen werden, weil sie in einem der zahlreichen Systeme "versteckt" sind.

Es gibt verschiedene Studien und Berichte, die sich mit der Anzahl der Softwaresysteme und Tools befassen, die durchschnittliche Büromitarbeitende täglich verwenden. Laut einem Bericht von Industry Dive im Mai 2023 nutzen Büroangestellte im Durchschnitt etwa elf verschiedene Software-Tools pro Tag, um ihre Arbeit zu erledigen.

In einem anderen Bericht der Harvard Business Review wird beschrieben, dass Büromitarbeitende durchschnittlich 1.200 Mal pro Tag zwischen ihren Anwendungen wechseln. Dies führt zusammengerechnet zu circa vier Stunden pro Woche, die für das erneute Orientieren nach dem Wechseln zwischen den Anwendungen benötigt werden.

Die damit verbundene Zerlegung von Informationen und Prozessen, aber auch die Unterschiede in der Bedienung jeder einzelnen Software erfordern nicht nur eine erhöhte Aufmerksamkeit in der Anwendung, sondern erhöhen auch den Stress und die Arbeitsbelastung, denn jede Software ist anders strukturiert, sieht anders aus und führt insgesamt zu einer anderen User Experience – Software ist eben divers, unter anderem aus dem guten Grund, dass sie jeweils andere fachliche Anforderungen erfüllen muss – ein E-Mail-Client ist anders als eine ERP-Software. Die Arbeit damit erzeugt jeweils unterschiedliche Gedanken und Emotionen:

"Wo finde ich noch mal das Dokument?", "Die E-Mail, von wann war sie nur? Ich finde sie in Outlook auf die Schnelle nicht.", "Wenn ich nur nicht ständig zwischen diesen ganzen Programmen hin- und herwechseln müsste!"

Wie würden sich die Probleme der Software Diversity mithilfe einer KI beheben lassen?

Wie wäre es, wenn man sich morgens an seinen Rechner setzt, und der persönliche AI-Assistent öffnet sich? Der virtuelle Assistent zeigt einem sofort eine komplette Übersicht mit allen Themen, die im Laufe des heutigen Tages Aufmerksamkeit brauchen. Sie sind vorbereitet und in eine logische Reihenfolge gebracht, weil die KI bereits

  • alle Termine, Workflows, Wiedervorlagen und Fristen überprüft hat, egal in welchem System sie stecken, und weil bereits
  • alle Dokumente und Informationen logisch von der KI zusammengeführt wurden und sofort bereitstehen, wenn man sie braucht, ohne danach zu suchen, und weil
  • die KI sogar von einer Mitarbeitenden- oder Kundenanfrage weiß, die man fast selbst vergessen hatte. Denn die KI hat die Aufgabe automatisch erstellt und alle relevanten E-Mails und Notizen verknüpft.

Während man sich durch den Tag arbeitet, bemerkt man, wie viel entspannter man ist. Der ständige Stress, den Überblick über all die verschiedenen Gespräche, Termine, Tools und Informationen zu behalten, fällt weg. Anstatt sich zu verzetteln, kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren: seine eigentliche Arbeit und vor allem die Menschen, mit denen man zusammenarbeitet.

Im Laufe der Zeit, bemerkt man auch, dass der AI-Assistent nicht nur den aktuellen Tag besser organisiert, sondern auch aus den eigenen Arbeitsgewohnheiten lernt. Wenn man regelmäßig an einem Projekt arbeitet, stellt die KI automatisch alle notwendigen Programme und Dokumente zusammen, noch bevor man sie braucht. Sie lernt auch die bevorzugten Arbeitszeiten kennen und schlägt einem vor, kleinere Aufgaben zu Zeiten zu erledigen, in denen man weniger produktiv ist. So kann man die "wirklich" wichtigen Dinge in den produktiven Stunden erledigen.

Hierbei wird schnell deutlich, dass diese Automatisierung und Individualisierung eine komplexe Systemintegration und die richtigen Schnittstellen in alle Systeme erfordern. Diese fehlen oft, würden es der KI jedoch erst ermöglichen, Daten und Prozesse aus verschiedenen Tools und Plattformen nahtlos zu verknüpfen. Dazu später mehr.

Weniger Stress, mehr Produktivität: Wie eine integrierte KI die Software Diversity entschlüsselt

Genau hier steckt einerseits großes Potenzial im Einsatz von Künstlicher Intelligenz und gleichzeitig eine der größten Herausforderungen. Eine gut integrierte KI könnte in der Lage sein, sämtliche Softwareanwendungen eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin nahtlos miteinander zu verbinden und so einen effizienteren Arbeitsablauf ermöglichen. Sie würde alle relevanten Daten und digitalen Dokumente aus den einzelnen Fachanwendungen bündeln, die wichtigsten Prioritäten herausfiltern und dabei helfen, den Tag effizient zu planen. Sie würde den Plan dynamisch anpassen, wenn neue Aufgaben auftauchen oder Prioritäten sich ändern. Durch das Minimieren von redundanten und ineffizienten Wechseln zwischen einer Vielzahl von Softwareanwendungen senkt sie die damit verbundene mentale Belastung und verbessert die Produktivität.

Die Herausforderung liegt jedoch in der Konnektivität der Systeme, da unterschiedliche Anwendungen oft inkompatible Schnittstellen und Datenformate haben. Eine reibungslose Integration erfordert daher nicht nur technische Anpassungen, sondern auch eine enge Zusammenarbeit zwischen Softwareanbietern, um standardisierte Datenschnittstellen zu schaffen.

Wie man KI trainiert, uns im Umgang mit Software Diversity zu unterstützen

KI lernt, uns im Umgang mit der Vielfalt von Softwaretools zu unterstützen, indem sie Nutzungsdaten analysiert und Muster in unserem Arbeitsverhalten erkennt. Sie kann:

  1. Durch "supervised learning" und "reinforcement learning" die Nutzungsgewohnheiten beobachten und ableiten, welche Software wann und wie oft verwendet wird, welche Daten mit welchen Aufgaben verknüpft und welche Informationen aus welchen Tools zu welcher Zeit relevant sind.
  2. Prioritäten verstehen – basierend auf Fristen, Häufigkeit und Kontext in den Dokumenten, in dem die KI typischerweise durch "überwachtes Lernen" und "natural language processing (NLP)" trainiert wird.
  3. sich kontinuierlich anpassen mittels "online learning". Dabei lernt die Künstliche Intelligenz aus neuen Aufgaben und Interaktionen, um präzisere Empfehlungen und Automatisierungen zu bieten.

Die Lernfähigkeit und das Anpassungsvermögen der Künstlichen Intelligenz sind dabei ein wichtiges Kriterium für den erfolgreichen Einsatz. Die KI müsste lernen, wie jeder einzelne Mitarbeitende arbeitet, um sinnvolle Vorschläge und Planungen zu erstellen. Dieser Lernprozess kann komplex sein, da verschiedene Arbeitsstile und Prioritäten berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus ändern sich die Arbeitsprozesse und Softwaresysteme mit der Zeit. Die KI muss kontinuierlich lernen und sich anpassen können, um langfristig effektiv zu bleiben. Dies erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und fortlaufender Weiterentwicklung.

Ist dann wirklich alles so perfekt, wenn man eine systemübergreifende KI auf einer Plattform integriert, auf der alle Softwaresysteme, mit denen man arbeitet, aufgesetzt sind?

Nein! Natürlich wird es Kolleg*innen geben, die skeptisch sein werden. Einige fürchten, die Kontrolle über ihre Arbeit zu verlieren. Aber wenn man es richtig macht, merkt man schnell, dass die KI lediglich unterstützend wirkt. Man selbst als Mensch behält immer das letzte Wort und kann Empfehlungen ablehnen oder die Einstellungen des Assistenten anpassen. Neben dieser natürlichen Skepsis gegenüber Neuem gibt es weitere Themen, die zwar herausfordernd sind, aber mit dem richtigen Herangehen gemeistert werden können.

Welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind

Bei der Entwicklung einer solchen KI, die alle Arbeitstools integriert und die Software Diversity im Berufsalltag vereinfacht, gibt es eine Reihe von technischen, organisatorischen und ethischen Herausforderungen:

1. Integration und Interoperabilität

  • Vielfalt an Software: Die größte technische Herausforderung ist die Integration der zahlreichen unterschiedlichen Tools und Anwendungen, die in einem Unternehmen genutzt werden. Diese Tools kommen oft von verschiedenen Herstellern und basieren auf unterschiedlichen Technologien, Protokollen und Schnittstellen.
  • API-Schnittstellen: Nicht alle Softwarelösungen bieten offene oder gut dokumentierte APIs, was die Integration erschwert. Selbst wenn APIs vorhanden sind, müssen sie miteinander kompatibel und stabil sein, um eine reibungslose Kommunikation zwischen den Systemen zu gewährleisten.
  • Datenformate und -strukturen: Verschiedene Anwendungen speichern und verarbeiten Daten auf unterschiedliche Weise. Die KI müsste in der Lage sein, Daten aus verschiedenen Quellen, wie Wiedervorlagen, Abonnements, Kalenderformaten, Chats, E-Mails und Dokumenten, korrekt zu interpretieren, zu konsolidieren und zu verarbeiten, ohne dass Informationen verloren gehen oder missverstanden werden.

2. Datenschutz und Sicherheit

  • Zugriff auf sensible Daten: Um optimal zu funktionieren, müsste die KI ebenso Zugriff auf viele verschiedene Systeme und Datenquellen haben, darunter möglicherweise sensible Geschäftsdaten und vertrauliche persönliche Informationen. Dies stellt ein erhebliches Risiko für den Datenschutz dar und erfordert ein hohes Maß an Vertrauen in die KI. Gleichzeitig kann es vorkommen, dass Mitarbeitende zwar die Ergebnisse der KI sehen dürfen, aber keinen Zugriff auf die Daten dazu haben. Das erschwert die Einschätzung der Richtigkeit der Ergebnisse. Das Rechtesystem müsste so entwickelt werden, dass es diesen Widerspruch minimiert.
  • Compliance und rechtliche Vorgaben: Die KI muss sicherstellen, dass sie den geltenden Bestimmungen, wie der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung), entspricht. Der Zugriff auf Daten sollte immer auf das Notwendige beschränkt sein und muss transparent und nachvollziehbar bleiben.
  • Sicherheitsrisiken: Eine zentrale KI, die auf viele Systeme zugreift, könnte ein attraktives Ziel für Cyberangriffe sein. Es muss ein robustes Sicherheitskonzept entwickelt werden, das den unbefugten Zugriff auf Daten verhindert.

3. Skalierbarkeit und Performance

  • Umgang mit großen Datenmengen: Je nach Unternehmensgröße und Anzahl der verwendeten Tools können große Datenmengen anfallen. Die KI muss in der Lage sein, diese Daten zügig und effizient zu verarbeiten, um eine schnelle und echtzeitnahe Unterstützung bieten zu können.
  • Systembelastung: Wenn die KI in mehrere Tools und Plattformen integriert wird, könnte dies zusätzliche Belastungen für die Systeme erzeugen. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass die KI keine signifikante Verlangsamung oder Beeinträchtigung der Arbeitsabläufe verursacht.

4. Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz

  • Anpassungsfähigkeit: Mitarbeitende müssen sich oft an neue Technologien und Arbeitsweisen anpassen. Die KI muss daher benutzerfreundlich gestaltet sein, sodass sie leicht zu verstehen und zu bedienen ist. Sie sollte sich nahtlos in die bestehenden Arbeitsabläufe integrieren und die Nutzer*innen nicht überfordern.
  • Akzeptanz: Mitarbeitende könnten skeptisch gegenüber der KI sein, die ihren Arbeitsalltag überwacht und Entscheidungen trifft. Es ist wichtig, Vertrauen aufzubauen, indem die KI transparent und nachvollziehbar agiert und zeigt, dass sie die Arbeit tatsächlich erleichtert.
  • Flexibilität: Unterschiedliche Abteilungen und Mitarbeitende haben oft individuelle Anforderungen an ihre Tools und Arbeitsprozesse. Die KI muss flexibel genug sein, um diese unterschiedlichen Bedürfnisse zu verstehen und individuell angepasste Unterstützung zu bieten.

5. Kosten und Ressourcen

  • Entwicklung und Implementierung: Die Entwicklung einer so umfassenden und vielseitigen KI ist kostspielig und ressourcenintensiv. Unternehmen müssen bereit sein, in die nötige Infrastruktur und Expertise zu investieren.
  • Wartung und Updates: Nach der Implementierung muss die KI regelmäßig gewartet und mit Updates versorgt werden, um auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben und neue Tools oder Arbeitsprozesse zu integrieren.

6. Ethische und soziale Implikationen

  • Autonomie vs. Kontrolle: Eine KI, die Aufgaben und Prioritäten für Mitarbeitende verwaltet, könnte das Gefühl der Autonomie und Selbstbestimmung beeinträchtigen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die KI unterstützend wirkt und die Kontrolle bei den Mitarbeitenden bleibt.
  • Abhängigkeit von der KI: Wenn Mitarbeitende sich zu stark auf die KI verlassen, besteht die Gefahr, dass kritische Denkfähigkeiten und das Bewusstsein für bestimmte Prozesse verloren gehen. Die Balance zwischen Automatisierung und menschlicher Entscheidungsfähigkeit ist entscheidend.

Der Einsatz von KI lohnt sich: für mehr Produktivität und nachlassenden Stress

Dank der Reduzierung der unnötigen Wechsel zwischen verschiedenen Programmen hat man mehr Raum für kreative und strategische Aufgaben sowie für den echten Austausch mit Kollegen und Kolleginnen. Und auch diejenigen, die anfangs skeptisch sind, werden langsam anfangen, die Vorteile der KI zu schätzen. Das ganze Unternehmen profitiert von einer klareren, weniger fragmentierten Arbeitsumgebung durch Software Diversity.

Am Ende eines Geschäftsjahres, wenn man auf die eigene Arbeit zurückblickt, wird einem klar, dass diese Veränderung mehr als nur eine neue Technologie bedeutet. Sie hat die Arbeitsweise grundlegend verbessert und geholfen, den Fokus wieder auf das Wesentliche zu richten.

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