Blick auf den Nibelungenturm und die Nibelungenbrücke in Worms bei Sonnenaufgang ohne Verkehr und Menschen

5. August 2025

Stadt Worms: "Heute fragen die Fachbereiche von selbst."

Die Stadt Worms setzt seit Jahren auf digitale Verwaltung – und das mit Erfolg. Im Interview mit OPTIMAL SYSTEMS Hannover berichtet IT-Leiter Werner Zehe, wie aus einem schwierigen Anfang eine Erfolgsgeschichte wurde und warum heute die Fachbereiche aktiv nach digitalen Lösungen fragen.

Herr Zehe, Worms gehört zu den digitalen Vorreitern unter den rheinland-pfälzischen Kommunen. Wann und wie hat Ihr Weg zur digitalen Verwaltung begonnen?

Zehe: Unsere ersten Schritte in Richtung DMS reichen bis ins Jahr 2008 zurück. Damals haben wir als Pilotkommune an einem landesweiten Dokumentenmanagement-Projekt teilgenommen. Leider war das Projekt nicht erfolgreich – sowohl technisch als auch organisatorisch. Das System war nicht zielgenau, zu komplex in der Anwendung und die Projektbeteiligten waren überfordert. Diese Erfahrung war zwar ernüchternd, hat uns aber gelehrt, worauf es wirklich ankommt.

Wie ging es nach diesem gescheiterten Projekt weiter?

Zehe: 2013 haben wir einen echten Neustart gewagt – diesmal mit einem anderen Ansatz, ohne großes Projektteam, aber mit klaren Zielen: ein stabiles, benutzerfreundliches System mit funktionierenden Schnittstellen zu unseren Fachverfahren. Mit OPTIMAL SYSTEMS haben wir den richtigen Partner gefunden. Wir starteten bewusst klein: Zunächst führten wir das System in der Kfz-Zulassung und in der Personalabteilung ein. Gerade die digitale Personalakte hat sich dabei als echter Meilenstein erwiesen.

Wie war damals die Stimmung in der Verwaltung? Gab es Widerstände?

Zehe: Ja, definitiv. Es gab aufgrund des gescheiterten ersten Versuchs viele Vorbehalte gegen eine elektronische Aktenführung. Viele Kolleginnen und Kollegen waren skeptisch, deshalb sind wir strategisch vorgegangen. Wir haben mit den motivierten Bereichen begonnen – nicht mit den skeptischen. Die positiven Erfahrungen dieser "Early Adopter" haben nach und nach das Vertrauen in der gesamten Verwaltung gestärkt.

Welche Kriterien waren aus Ihrer Sicht entscheidend bei der Auswahl des neuen Systems?

Zehe: Ganz klar: Schnittstellen zu unseren Fachverfahren, Erfahrung im kommunalen Umfeld und eine benutzerfreundliche Oberfläche. Unser vorheriges System hatte eine schlechte Usability, dies erschwerte den Einstieg für nicht so IT-affine User unnötig. Wir brauchten ein benutzerfreundliches Werkzeug, das auch von den Mitarbeitenden akzeptiert wird.

Wie haben Sie die Mitarbeitenden auf die neue Arbeitsweise vorbereitet?

Zehe: Neben gezielten Schulungen haben wir vor allem auf praxisnahe Unterstützung gesetzt. Wir sind direkt in die Fachbereiche gegangen, haben individuell beraten und Fragen beantwortet. Gleichzeitig hat sich das System durch die positiven Erfahrungen der ersten Pilotabteilungen fast von selbst verbreitet. Heute kommen viele Bereiche proaktiv auf uns zu und fragen: "Wann sind wir dran?".

Sie haben bereits früh mit der digitalen Rechnungsverarbeitung begonnen. Was war der Auslöser?

Zehe: Neben der IT gehörte auch die zentrale Beschaffungsstelle zu meinem Aufgabengebiet, und die papierhafte Rechnungsbearbeitung empfand ich schon immer als suboptimal. Aufgrund unserer dezentralen Buchhaltung – die Verwaltung ist auf fast 100 Standorte im Stadtgebiet verteilt – bedeutete Rechnungsbearbeitung auch immer lange Postlaufzeiten und schwierige Nachvollziehbarkeit des aktuellen Rechnungsstatus. Wir haben zunächst mit dem sogenannten späten Scannen begonnen, da dies ohne große organisatorische Änderungen und Eingriffe in die Buchungsorganisation umzusetzen war. Parallel dazu haben wir unseren größten Rechnungsempfänger, das Facility Management, eingebunden. Dort hat sich das System schnell bewährt, was uns den nötigen Rückenwind für den nächsten Schritt gab: den digitalen Rechnungsworkflow.

Welche Vorteile sehen Sie heute durch die Einführung des DMS?

Zehe: Die größten Vorteile sind ganz klar Verfügbarkeit und Geschwindigkeit. Dokumente sind jederzeit und von überall abrufbar, wodurch sich enorm viel Zeit sparen lässt. Auch die Aktenführung ist heute deutlich einheitlicher und strukturierter. Früher gab es hybride Akten, die auf Papier, in E-Mails und in persönlichen Ablagen verteilt waren. Das gehört inzwischen immer mehr der Vergangenheit an.

Welche Rolle spielte die Corona-Pandemie für Ihre Digitalisierung?

Zehe: Corona war definitiv ein Beschleuniger. Plötzlich waren alle im Homeoffice, aber die Akten lagen im Rathauskeller. Das hat den Bedarf an digitalen Lösungen massiv verstärkt. Seitdem ist die Nachfrage so hoch, dass wir personell nicht mit der Umsetzung hinterherkommen.

Wie wirkt sich das Onlinezugangsgesetz (OZG) aktuell auf Ihre Projekte aus?

Zehe: Enorm. Wir haben eine ganze Reihe neuer Verfahren – vom Jagdschein über Elterngeld bis zur Waffenbehörde –, die jetzt digitalisiert werden müssen. Diese Projekte kommen aktuell schneller herein, als wir sie personell und finanziell stemmen können. Gleichzeitig arbeiten wir weiterhin an der Anbindung neuer Fachverfahren an das DMS.

Was würden Sie anderen Kommunen raten, die jetzt am Anfang eines ähnlichen Projekts stehen?

Zehe: Keine Luftschlösser bauen. Realistisch planen. Und: Mit den Willigen starten, nicht mit den Skeptikern. Wichtig ist auch, dem Projekt Priorität einzuräumen, klare Zuständigkeiten zu schaffen und Ressourcen bereitzustellen. Ein DMS ist heute kein exotisches Projekt mehr, sondern Teil der ganz normalen Verwaltungsmodernisierung.

Worms zeigt: Digitalisierung funktioniert, wenn man sie mit klaren Zielen, engagierten Partnern und realistischen Schritten angeht. Trotz knapper Ressourcen wächst das DMS kontinuierlich, weil es den Alltag der Verwaltung spürbar verbessert. Und genau das überzeugt.

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